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100 Tage Bürgermeister

Interview mit Bürgermeisterin Evelyn Artner

Seit 100 Tagen ist Evelyn Artner neue Bürgermeisterin der Gemeinde Schwarzau am Steinfeld. Wir besuchten Evelyn in ihrem Büro im Gemeindeamt und führten mit ihr ein Interview.

Geschätzte Frau Artner, liebe Evelyn, die ersten 100 Tage im Amt als Bürgermeisterin sind vorbei. Wie fühlst du dich in deinem neuen „Job“?
Ich bin in der Gemeinde sehr freundlich aufgenommen worden. Einerseits bei den Bediensteten, die ja ein wesentlicher Bestandteil der Gemeinde sind. Aber auch bei den Gemeindebürgern, denen ich in meiner täglichen Arbeit als Bürgermeisterin begegne.

Du bist ja eher überraschend in diese Funktion gewählt worden. Du warst auf Listenplatz 2 bei der Gemeinderatswahl. Wie war das für dich?
Bei der Gemeinderatswahl war ich an zweiter Stelle gereiht, aber dadurch, dass ich sehr viele Vorzugsstimmen (Anm.: Evelyn Artner hatte mit Abstand die meisten Vorzugsstimmen von allen Bewerbern) erhielt, übergab mein Team mir die Fraktionsleitung. Dass die Bürgermeisterwahl dann auf mich fiel, war natürlich überraschend, aber mein Team geht gemeinsam den Weg mit mir. Zusätzlich Kraft gibt mir der Rückhalt meiner Familie.

Für viele war es ebenfalls überraschend, manche sehen eine Verschwörung dahinter, da du zum Beispiel in kürzester Zeit auf der Bezirkshauptmannschaft angelobt wurdest.
Fakt ist, dass 10 von 19 Gemeinderäte mir das Vertrauen als Bürgermeisterin geschenkt haben. Wenn man diese demokratische Entscheidung nicht anerkennen will, sucht man wahrscheinlich in Verschwörungstheorien seine persönliche Erklärung. Die schnelle Angelobung durch die Bezirkshauptmannschaft bekräftigte anscheinend die Verschwörungstheoretiker. Hier muss vielleicht kurz erklärt werden, dass die Angelobung ein wichtiger Akt ist. Da bei uns mit diesem Bürgermeisterwechsel die täglichen Amtsgeschäfte beeinträchtigt gewesen wären, war diese schnelle Angelobung notwendig. Das ist eine normale Vorgehensweise. Man darf sich unter dieser Angelobung auch keinen pompösen Festakt vorstellen, sondern dies wurde in der Bezirkshauptmannschaft vollzogen. Nach einer kurzen Unterweisung wurde mir die Gelöbnisformel vorgelesen, derer ich im Anschluss geloben durfte.

Deine berufliche Tätigkeit ist die Leitung eines Landeskindergartens. Lassen sich diese beiden Tätigkeiten vereinbaren?
Gemeinsamkeiten sind auf jeden Fall vorhanden. Ist der Kindergarten ja Teil des Gemeindelebens. Weiters ist natürlich der bestehende gute Kontakt zur Bezirkshauptmannschaft von Vorteil für die jetzige Gemeindearbeit. Aber auch die Wertschätzung gegenüber den Kindern ist genauso wichtig, wie gegenüber jedem einzelnen Gemeindebürger. Als Landesbedienstete steht mir auch ein gewisser Freiraum für die Gemeinde zur Verfügung. Dies ist von Vorteil, da sehr viele Termine auch untertags sind.

Wie hast du die ersten Tage bzw. Wochen als Bürgermeisterin erlebt?
Mir war es ein persönliches Anliegen sofort den Kontakt zu den Gemeindebediensteten zu suchen. In den ersten Tagen verschaffte ich mir einen Überblick über das Gemeindeleben. Das Gemeindewesen ist sehr um- fangreich, von Kinderbetreuung, bis Melderecht, Bauwesen, Abfallwirtschaft und etliches mehr. Gerade in den ersten Wochen musste ich sehr viele Stunden investieren. Da muss der Arbeitgeber mitspielen, aber auch die Familie.

Wenn ich mich im Bürgermeis- terzimmer so umsehe, sehe ich einige Blumen und Accessoires. Man fühlt sich sehr wohl. Merkt man, dass jetzt eine Frau in die- sem Büro arbeitet?
(Evelyn Artner: *lacht*) Ja, die Blumen und Dekorationen wa- ren mir wichtig. Ich versuche mir immer Vorort, egal in welchem Ortsteil, ein Bild von meinen Aufgaben zu machen, aber es bleibt natürlich auch nicht aus, dass Termine im Büro stattfinden. Wenn das Umfeld harmonisch ist, arbeitet man dadurch viel lie- ber, aber auch Verhandlungen lassen sich leichter führen, wenn sich alle im Raum wohl fühlen.

Ziemlich genau ein Monat nach deiner Wahl zur Bürgermeisterin wurden in Österreich die CO- VID-19 Maßnahmen verordnet, was auch Auswirkungen auf die Gemeinde hatte. Wiehast du diese Zeit als Bürger- meisterin erlebt?
Es ging alles relativ schnell. Hat man anfangs noch geglaubt, es sei alles so fern, ging es dann rasch bis auch wir in Österreich betroffen waren. Wir haben un- verzüglich den Gemeindekri- senstab einberufen und haben sofortige Maßnahmen gesetzt. Gerade in der ersten Zeit ha- ben wir uns täglich beratschlagt, auch am Wochenende. Laufend neue Verordnungen und Erlässe vom Bund die zum umset- zen waren. Besonders bewährt hat sich, dass Thomas Streng Amtsleiter und Feuerwehrkom- mandant, Teil des Führungssta- bes ist.
Eine Freude war auch, dass die Bereitschaft der Bürger ande- ren Bürgern zu helfen so groß war. Mit der Aktion „Miteinander – Füreinander“ der Gemeinde konnten wir Mitmenschen helfend unter die Arme greifen.
Ein weiterer sinnvoller Schritt war die Bereitstellung einer Mund-Nasen-Schutzmaske für alle Gemeindebürger, sowie die Bereitstellung eines genähten Mund-Nasen-Schutzes für alle Kinder und Jugendlichen in un- serer Gemeinde.

Nach nicht einmal 3 Wochen legten sämtliche SPÖ Gemeindderäte ihr Mandat zurück. Da- raufhin musste von der NÖ Landesregierung der gesamte Gemeinderat aufgelöst werden. Bist du dir da teilweise verlassen vorgekommen?
Nein, für mich ist es wichtig, für die Bürger da zu sein.
Sicher ist die Gemeinde Schwar- zau momentan nicht zu 100 % handlungsfähig, da schließlich der Gemeinderat, den die Bürger gewählt haben, nicht zur Verfügung steht. Hinter mir steht mein gesamtes Team, welches mich mehr denn je tatkräftig unterstützt. Wir müssen schlussendlich das Beste daraus machen.

Wie sieht jetzt dein Arbeitstag als Bürgermeisterin aus? Wieviel Zeit investierst du in das Amt?
Die Zeit selbst ist schwer ein- zuschätzen, aber ich mache es gerne, denn sonst wäre ich falsch in dieser Position.

Bist Du eine Einzelkämpferin oder ein Teamplayer?
Ein respektvolles Miteinander steht für mich im Vordergrund. Ohne einem starken Team an meiner Seite könnte ich diese Funktion nicht ausüben. Vizebürgermeister Karl Seidl, gf. Gemeinderat Thomas Elian, die Mitarbeiter der Gemeinde, sowie unser Team in der Volkspartei stehen mir unterstützend zur Seite. Jeder einzelne hat in seinem Bereich starke Kompetenzen, welche bei Entscheidungen eingebunden werden können.

In eurem Wahlprogramm hattet ihr zahlreiche Themen aufgelistet. Ganz vorne standen die Themen Kinder, Jugend und Familie. Konntest du da bereits was umsetzen?
Ja, die Kinder und Jugendlichen sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Und diese soll bzw. darf man nicht vernachlässigen. Gerade sind wir bei der Erneuerung und Sanierung der Spielplätze. Hier konnten wir erwirken, dass nicht die ganzen finanziellen Mittel in den Kinderspielplatz Schwarzau gingen, sondern, dass auch bei den Kinderspielplätzen in Föhrenau und Guntrams investiert wurde. Ein weiterer Schritt wird die Beschattung der Volksschulklassen sein. In den Klassen stieg die Temperatur an sonnigen Tagen sehr hoch an. Seit längerem klagen die Kinder über Hitze. Dadurch werden heuer die vier Klassen im Neubau und nächstes Jahr die sechs Räume im Altbau mit einem Sonnenschutz
ausgestattet, damit zumindest die Sonnenstrahlen abgehalten werden können. Aber auch das Thema Sicherheit am Schulweg ist uns ein großes Anliegen.

Der Wahltermin wurde mit 27. September festgelegt. Konzentrierst du dich schon auf die Wahl?
Der Wahltermin im September wird sicher wichtig sein, aber momentan konzentrieren wir uns auf die Arbeit in der Gemeinde. Auch ohne 100%-iger Handlungsfähigkeit,
gibt es sehr vielzu tun. Weiters ist zu bedenken, dass zwar Ende September die Wahl des Gemeinderates sein wird, aber mit den Einspruchsfristen und den notwendigen Sitzungen,
wahrscheinlich erst Ende Oktober, Anfang November die Bürgermeisterwahl stattfinden kann. Daher ist es für mich momentan wichtiger der Bevölkerung als Bürgermeisterin zur Verfügung zu stehen, als mich jetzt schon auf die Wahl zu konzentrieren. 

Würdest du es dir wünschen, auch nach der Wahl Bürgermeisterin zu bleiben?
Ich würde mich freuen, wenn mir im September die Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger ihr Vertrauen schenken. Mit dem Zuspruch, den man von den Gemeindebürgern
bekommt, merkt man, dass man auf dem richtigen Weg ist. Es gäbe noch so viel zu tun und umzusetzen.

Das heißt, du hast für die nächsten 5 Jahre noch einiges vor?
(Evelyn Artner: *schmunzelt*) Ja, die Liste wäre noch lang und es kommt laufend was dazu.

Vielen Dank für das Interview.
Bitte, gerne.

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